Ein Koffer voll Herz

Am Anfang steht eine Geschichte. Eine Aufarbeitung von Gefühl, in Worte gefasst und in die Welt entlassen. „Du dunkles Herz“ von Tobias Gruseck kommt als ansprechendes rotes Heftchen daher und ist eine Geschichte über einen Koffer voll Geld, der Herzen verdunkelt. Doch bei der Promotion von Literatur kommt es auf mehr an, als auf den Inhalt des Textes. Ein Mythos drumherum ist gut, vielleicht ein exzentrischer Autor, ein Skandal. Oder ein Koffer, darin: Herzen. Berührt man eines der Herzen, oder das Eichenblatt daneben, hört man plötzlich Stimmen. Textpassagen, die zum berührten Gegenstand passen, ertönen sanft und wunderbar vorgetragen aus dem Koffer und machen Lust auf die Geschichte.

Multimedial und mit Liebe zum Detail wird hier eine Geschichte erzählt

Jenny und Simon haben sich der Präsentation des Werkes angenommen und den Koffer gebaut. Darin verkabelt ist ein Touch Board von Bare Conductive®, das über leitendes Garn mit Dingen verbunden ist, die in der Geschichte von Bedeutung und teilweise im 3D-Druck entstanden sind. Berührt man den Faden, schließt man den Stromkreis und die auf dem Chip gespeicherten und zuvor virtuos eingesprochenen Textpassagen werden abgespielt.

Literatur als haptisches Erlebnis

Vorgestellt wurde das alles zuerst in Bad Säckingen bei „Kunst trifft Handwerk“, einer jährlichen Outdoorveranstaltung am malerischen Trompeterschlößchen, dort, wo Deutschland und die Schweiz Touristenströme bündelten, bevor die Pandemie einzog. Der Titel der Veranstaltung passt auch hervorragend zu diesem haptischen Projekt, das literarischen Erguss mit begabter Tüftelei verbindet. Anzuschauen aktuell im Fab Lab Siegen.

Kunstpädagogik 5.0? – Im Fab Lab?!

Ein Beitrag von Susanne Henning zum Besuch des Seminars Kunstpädagogik 5.0? Künstlerische und kunstpädagogische Erkundungen postdigitaler Wirklichkeiten im Fab Lab Siegen am 17.12.2019

Im Seminar Kunstpädagogik 5.0?, das von Studierenden des Lehramtes Kunst und der Bachelor-Studiengänge Soziale Arbeit (BASA) sowie Pädagogik: Entwicklung und Inklusion (BAStEi) besucht wurde, ging es um die Frage, in welcher Weise Kunstunterricht und Projekte kultureller Bildung auf postdigitale Wirklichkeiten Bezug nehmen und welche Ziele damit erreicht werden können. Als im Kontext des Fab-Lab-Besuchs besonders relevante Ziele wurden zum einen Partizipationsmöglichkeiten an digitalen Entwicklungen in den Blick genommen, zum anderen die Erkundung und Gestaltung von Schnittstellen zwischen medialen und materiellen Artefakten. In diesem Zusammenhang war für uns der Entstehungshintergrund der Fab-Lab-Idee interessant, vor allem aber, wie diese Gedanken in der Konzeption und Nutzung des Fab Lab Siegen konkret werden. Darüber hinaus interessierten wir uns für die technischen Möglichkeiten, die das Fab Lab bietet.
In der auf den Besuch im Fab Lab folgenden Seminarsitzung dachten die Studierenden über die Frage nach: Welche Chancen bietet das Fab Lab im Kontext von Kunstunterricht und kultureller Bildung? Folgende Antworten wurden gegeben:

  • Programmierung und digitale Fertigungsmöglichkeiten kennenlernen
  • experimentelle Möglichkeiten, kreative Entfaltungsmöglichkeiten gerade auch abseits von traditionellen Gattungen wie z.B. Malerei und Zeichnung
  • inklusive Chancen bestehen darin, auch wenig kunstbegeisterte Schülerinnen zu motivieren
  • digitale und materielle Welt werden verknüpft
  • Horizont und Möglichkeiten des Kunstunterrichts werden erweitert, Bezüge zu Lebenswirklichkeiten und Interessen von Schülerinnen hergestellt
  • jede kreative Idee kann selbstbestimmt und frei verwirklicht werden
  • Gedanke des Teilens von Wissen und gegenseitigen Unterstützens fördert Sozialkompetenz
  • ausprobieren, wann und wie digitale und nicht-digitale Fertigungsmethoden sinnvoll eingesetzt werden können
  • könnte im Rahmen von Projektarbeiten besucht werden

Weitere Idee, Fab Lab für Unterricht zu nutzen:

  • Herstellung individueller Lehrmaterialien, anhand derer sich etwas veranschaulichen oder erklären lässt

Obwohl die Frage es nicht vorsah, dachten auch einige Studierende über eine wechselseitige Unterstützung von Kunstunterricht/Projekten künstlerischer Bildung und Fab Labs nach:

  • Fab Lab kann durch eine Kooperation Bekanntheit erlangen und so zum einen stärker genutzt werden, zum anderen auch materielle oder finanzielle Unterstützung bekommen
  • Kooperationen zwischen Schulen und Fab Labs zur gemeinsamen Erkundung von Fragestellungen wären möglich (Fab Lab bietet Möglichkeiten, Schulen eine große Gruppe an Akteuren, gemeinsam können vielfältige Lösungen entwickeln werden)

Nicht schlecht für Freitag den Dreizehnten

Ein Beitrag von Ingo Schultze-Schnabel

Am Abend dieses Dezembertags 2019 hielt ich das erste Exemplar eines 3D-Drucks von einem meiner Motive in der Hand.

Fertiger Druck noch auf dem 3D-Drucker

Ich arbeite künstlerisch seit dem 90ern mit mehrteiligen Bildern und Objekten und suchte eine Methode, einen Entwurf in ein plastisches Objekt aus dem 3D-Drucker umzusetzen.

In mehreren Teilschritten haben mich Mitglieder des Fab Lab Siegen begleitet: Von der Grundinformation über das Fab Lab und seinen Möglichkeiten, den Wegen der Gestaltung von „meinem“ Grafikprogramm über CAD-Programme bis zur Druckeransteuerung war einiges neu für mich. Aber in der tollen Arbeitsatmosphäre hat es Spaß gemacht, sich auf Neues einzulassen.

Nun hängt das neue Objekt provisorisch an der Wand, zum „Testsehen“ sozusagen. Mir geht es um die Mechanismen, mit denen unsere Wahrnehmung mithilfe von Teilinformationen etwas „Ganzes sieht“. Die Qualität der visuellen Information, die Redundanz, das „information gap“ – solche Begriffe gehen mir durch den Kopf.

3D-Druck aufgehängt an der Wand

Hier in der Arbeit sieht man, wie trotz der Abstände zwischen den Streifen an vielen Stellen schnell der Eindruck entsteht, dass dort perspektivisch gesehene Rechtecke abgebildet werden. Die Lücke wird plötzlich zur Information. Mit David Amend kam ich am Ende des Tages noch darauf zu sprechen, wie mit den Fake News genau das Gleiche geschieht, ein Bereich, in dem er Erfahrungen aus der Sicht der Informatik hatte. So wird aus Bruchstücken ein Narrativ und so leicht entsteht „Wahrheit“ in unseren Köpfen. Da bin ich dann wieder bei meinem künstlerischen Thema.

Wer etwas tiefer einsteigen möchte findet auf meinem Blog noch Material.

Wer mehr Kunst in Siegen erleben will sei auf die ChaosFlux vom 24.-26. April verwiesen. Mehr Infos: https://chaosflux.de/de/about/