Willkommen Erstis!

Liebe Erstis, schön, dass ihr an die Uni Siegen gefunden habt. Bei uns im Lab könnt ihr verrückte Dinge erschaffen. Der folgende Text erschien leicht abgewandelt in der ESE-Zeitung des GG LaBaMa für das Wintersemester 2020/21.

Hier könnte nun ein förmlicher Text stehen, der beschreibt was ein Fab Lab ist, was man bei uns im Fab Lab für Technologien vorfindet, was das Fab Lab mit einer Uni zu tun hat und warum eigentlich “Fab Lab?!”. Aber ich denke, ihr seid alle in der Lage fablab-siegen.de in euren Browser einzugeben und euch dort selbst draufzuschaffen, was wir als Fab Lab der Uni Siegen zu bieten haben. Deshalb spar ich mir das hier. Nur so viel: Das Fab Lab ist ein offenes Kreativlabor der Uni mit ganz vielen unterschiedlichen Maschinen wie 3D-Drucker, Laserschneider, CNC-Fräse und und und. Wenn nicht Corona ist kann jede und jeder zu uns kommen und coole Dinge tun.

Eine Kurzvorstellung des Labs.

Der Einfall für diesen Text kam mir unter der Dusche. Ich hab mich gefragt, was von unseren vorgefertigten Textbausteinen über das Lab ich wohl an die Redaktion der ESE-Zeitung schicke, damit die Erstis wissen, dass es das Fab Lab gibt. Und dann fiel mir eine Mail von “nanooq” ein, der ankündigte, dass er für das Hasi einen Text für diese Zeitung schreiben wird. Was das Hasi ist, steht (vermutlich) in seinem Text, der ebenfalls in dieser Veröffentlichung abgedruckt ist. Wer nanooq ist, werdet ihr vielleicht nie erfahren. Oder er taucht unvermittelt in eurem Leben auf, weil ihr einen Fuß in die Siegener “Szene” gesetzt habt. Dann: alles Gute! Naja und weil ich nanooq schon etwas kenne und auch seine Texte und Geschichten über die Szene, schien mir ein förmlicher Text über die Inneneinrichtung und die wissenschaftliche Ausrichtung des Fab Labs ein bisschen altbacken. Das glitzernde Hasi (Ja der Artikel ist korrekt gewählt!) und nanooqs Wortgewanntheit werden das Fab Lab alt aussehen lassen. Also versuche ich mich halt mal.

Oft werdet ihr im Laufe eueres Studiums sicher die Frage hören: “Aber warum Siegen?”.
Und ihr geratet vielleicht in Erklärungsnot: “Weil es hier so schön grün ist!”, oder “Weil ich hier Seminare über Harry Potter besuchen kann…!”.
Bei mir war eher das Fab Lab (und ein ausgefallener Studiengang) ein ausschlaggebender Grund. Denn in so einem Fab Lab kann man nicht nur bestimmte Maschinen erwarten, sondern auch einen bestimmten Schlag Menschen. Weltoffene, bunte, kreative, verrückte intergalaktische Kreaturen.

Ich hab mich unter anderem dafür entschieden in Siegen zu studieren, weil ich beim Besichtigen der Uni (ja solche Streber gibt es) vom damaligen Tutor der HCI-Studierenden (HCI steht für Human Computer Interaction. Für was Human Computer Interaction steht….ach duckduckgoed es doch selbst.) auch in ein kleines Labor geführt wurde, in dem mein jetziger Arbeitskollege Marios vertieft über eine Microcontroller-Schaltung gebeugt saß. Mir wurde der Raum als “Fab Lab” vorgestellt.
“Sowas, was Marios da gerade macht kannst du in deinem Studium auch machen.” oder so ähnlich versuchte mich mein Tutor zu kriegen. Seit dem hab ich im Fab Lab, auch außerhalb meines Studiums, viel Zeit verbracht und viel erlebt. Mittlerweile arbeite ich sogar da.

Ein Gewerk, das wir unter anderem im Lab (die Kennerin spricht nur von “Lab” [ˈlæb], das “Fab” ist stumm!) gebaut haben, hat es sogar in die Tagesschau geschafft. Eine Palme, aus Bettlattenrostlatten und Trocknerabluftschläuchen, Gehwegplatten, Stahl und ganz viel Licht und Elektronik.

Irgendwann lagen für dieses Projekt größere Mengen Bettlatten im Lager des Labs. Siegener*innen haben sehr viele Lattenroste kostenlos abzugeben, das haben wir uns zu Nutze gemacht (Achtung: Geheimtipp). Und diese Bettlatten wollten abgeschliffen werden, damit sie anschließend wieder mit weißer Farbe lackiert werden konnten. Weiße Farbe reflektiert sehr gut, kann man also gut mit Scheinwerfern anstrahlen. Die Latten sollten später zu Dreiecken verschraubt werden. Mehrere dieser Dreiecke aus leicht gebogenen Bettlatten aneinander geschraubt ergeben das Skelett eines Palmenblatts. Isso. Wenn man dann diese Blätter sternförmig an einen Metallstamm hängt bekommt man eine Spannweite von 9 Metern. In der Höhe bringt es die Palme auf viereinhalb Meter.

Nachdem die Lattenroste im Hasi mühsam zerlegt wurden, haben wir die extrahierten Bettlatten am Hintereingang des Labs mit den ineffizientesten Werkzeugen (Schwingschleifer und Schleifpapier) abgeschliffen, die wir finden konnten. Vielleicht hätte man mit dem Werkzeug normales Holz abschleifen können, aber nicht die fiese Beschichtung, die diese Bettlattenhersteller da aufgebracht hatten.

Menschen schleifen Holzlatten ab

Man schleift hinter dem Labor.

Wir stehen also am Hintereingang des Labs auf dem Parkplatz und kämpfen mit diesen Bettlatten. Da parkt ein Auto neben uns. Ein uns unbekannter Typ steigt aus. Vielleicht 40, leichtes Grinsen auf den Lippen. Als er von seinem Auto zu unsrer eher traurigen Ansammlung von mittelmäßig begabten “Handwerkern” läuft, ruft er süffisant in unsere Richtung: “Na, braucht ihr Hilfe?!”.
Wir versuchen ihn trotzig und frustriert zu ignorieren. Ich höre nanooq nur sagen: “Nein danke, wir kommen schon klar”.
“Ich hab da im Kofferraum vielleicht, was ihr braucht.” entgegnet der Fremde.
Da hält also ein wildfremder Typ, der zuuuuufällig im Kofferraum hat, was wir brauchen. Hm, is klar.
nanooq, doch etwas neugierig, folgt ihm und die beiden kommen mit mehreren Trennschleifern und Schleifscheiben zurück. Die mitgebrachten Schleifscheiben waren perfekt: Kreisförmig angeordnetes Schleifpapier, lamellenartig aufgeschichtet.

Mir dämmerte langsam, was hier ablief. Vergangenheits-Ich, danke! Ich hatte 1-2 Stunden vorher auf gut Glück in der Fab-Lab-Telegram-Gruppe nachgefragt, ob nicht jemand passendes Werkzeug für unsere Aktion hätte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass da fremde Menschen mitlesen und sich auch noch angesprochen fühlen. Und die dann einfach mal den Kofferraum mit Werkzeug vollladen und bei uns aufschlagen. Ja läuft. Für die restlichen Latten brauchten wir dann noch eine Minute pro Latte. Davor dauerte es 10 Minuten. Das ergibt eine Arbeitszeitreduktion von 90%. Henry Ford würde im Grab einen Purzelbaum schlagen.

Die fertige Palme. Die mühsame Arbeit hat sich gelohnt. Kreative Gestaltung: Simon Budig. Ein Projekt von Menschen aus dem Hackspace Siegen und dem Lab.

Der Mann mit den Trennschleifern geht seit dem regelmäßig (wenn nicht dieses ver****** Virus wäre) im Lab ein und aus. Er ist nun “Teil der Community”. Und das ist das, was das Lab ausmacht. Die Community. Menschen treffen sich, tauschen sich aus, geben ihr Wissen weiter, bringen sich Neues bei.

Schaut doch mal in unserer Telegram-Gruppe oder unserem News-Kanal (auch Telegram) vorbei. Im Moment haben wir bis auf Weiteres einen eingeschränkten Betrieb, immer Mittwochs und nur für Uni-Angehörige (als auch Studierende). Bald können wir hoffentlich auch wieder für alle öffnen, damit ihr live und hautnah erleben könnt, was die Magie eines Fab Labs ausmacht. Das schreiben wir dann auch in die Telegramgruppe, auf unsere Website, Twitter, Facebook. Ihr kennt das. Bis auf Weiteres gelten unsere

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